Auszeit für die Ausgabe des Hellweger Anzeigers vom 31.03.2020

Nächstenliebe ist unser Triebmittel

Von Pfarrer Detlef Main

Seit dreißig Jahren backen wir in unserer Familie unser Brot selbst. Da braucht es nicht viel: Mehl, Wasser, Salz und Hefe und ein wenig Zeit. Doch welches Geschäft ich auch angesteuert habe in den letzten 14 Tagen, Hefe habe ich in keinem Laden bekommen. Hefe ist zur Mangelware geworden und niemand konnte mir sagen, wann sie wieder lieferbar sein wird.

Ohne Hefe gibt es kein Brot, wie wir es mögen. Hefe ist ein Triebmittel, das den Teig aufgehen lässt. Mir ist die Hefe zu einem Bild geworden für das, was das Triebmittel für unser Zusammenleben ist. In der Zeit der Krise sehe ich vieles, was ich sonst doch eher vermisse. „Wir halten zusammen“ ist nicht nur eine gute Schlagzeile dieser Zeitung, sondern wird Tag für Tag deutlich. Und weil auch positiv darüber berichtet wird, ist das für unser Zusammenleben wie die Hefe im Brot.

Nächstenliebe wird zum Triebmittel, wenn Jugendliche für Ältere Einkäufe erledigen, wenn kontaktlos Kontakt aufgenommen wird durchs gute alte Telefon, wenn sich Menschen solidarisch verhalten und nicht nur an sich selbst denken. Und das Gute an der Hefe ist: sie vermehrt sich. Vielleicht gilt das ja auch für die Nächstenliebe, die wir hier und dort erfahren und selbst gestalten. Denn da, wo wir Menschen helfen, vermehrt sich Leben, wird Leben sinnvoll.

Ach ja, was die Hefe für mein Brot angeht, bin ich jetzt selbst aktiv geworden: Mit Wasser, Zucker und zwei Datteln habe ich gestern ein Hefewasser angesetzt. In einer Woche ist die Hefe fertig. Ich freu mich schon auf mein nächstes selbst gebackenes Brot.